Ein Ausblick auf 2024
Anthony Crow im Gespräch
Wird 2024 das Jahr der
Optimierung von Bestandsimmobilien?
Wird das laufende Jahr geprägt sein von Revitalisierung und Redevelopment von Objekten und Projekten – anstatt von Neubau? Anthony Crow, unser Abteilungsleiter Immobilienvermarktung Gewerbe, wurde von der Tageszeitung Die Presse um eine Expertise zur aktuellen Lage am Gewerbeimmobilien-Markt gebeten.
Anthony Crow: Die Optimierung von Bestandsimmobilien wird immer wichtiger. Der Markt setzt verstärkt auf nachhaltige und ressourcenschonende Maßnahmen für bestehende Immobilien, beispielsweise Brownfield-Entwicklungen im Industrie- und Logistik-Bereich. Projekte, die existierende Strukturen aufwerten, wie Industrie- und Logistikflächen-Umnutzungen, gewinnen an Bedeutung. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Effizienz und Anpassungsfähigkeit steigt, sowohl auf Seiten des Entwicklers als auch auf Seiten des Nutzers. Dadurch sehen wir einen klaren Trend, bestehende Objekte nachhaltig zu nutzen und aufzuwerten.
Welche Art von Umnutzungen liegen im Trend? Büro in Hotel? Oder Büro in Wohnraum?
Die Umwandlung von Büroflächen in Hotels ist international eine deutlich wahrnehmbare Entwicklung. Ebenso gibt es eine Umnutzung von Büro zu Wohnraum, die in Einzelfällen durchaus sinnvoll sein kann, um urbanen Wohnbedarf zu decken. Klar ist aber, dass sich etwa Raumhöhen und -tiefen von Büroflächen nicht immer für Wohnungen eignen.
Diese Projekte sind insgesamt komplex und erfordern umfassende Planungen, um Herausforderungen wie Bauvorschriften, bestehende Widmungen, Brandschutz- und Sicherheitsstandards, Schallschutz und eventuelle Zonierungsanforderungen zu bewältigen. Aus unserer Sicht ist eine sorgfältige Planung entscheidend für den Erfolg einer solchen Umnutzung.
Der Wiener Büromarkt zeigt sich robust, mit einer geringen Leerstandsquote und einer dynamischen Nachfrage, was Umnutzungen begrenzt. Wir sehen aber eine zunehmende Nachfrage nach alternativen Nutzungskonzepten in weniger zentralen Lagen. In der Assetklasse Retail beobachten wir beispielsweise verstärkt Nachfrage nach Büros oder auch nach Beherbergungskonzepten in Sockelzonen, die vormals durch klassischen Einzelhandel dominiert waren, vor allem in B- und C-Lagen Wiens.
Welche Art der Umnutzung rentiert sich finanziell? Welche rentiert sich aus ökologischer Sicht?
Finanzielle und ökologische Rentabilität hängt stark von Faktoren wie Standort, Marktbedingungen und Nachfrage ab. Gemischt genutzte Projekte mit Wohn- und Gewerbeanteilen in gut angebundenen Lagen (Stichwort 15 Minuten Stadt) zeigen sich als wirtschaftlich attraktiv.
Ökologisch sinnvoll sind Projekte, die auf Nachhaltigkeit setzen. Das spiegelt sich zwar aktuell noch nicht in den Finanzierungen wider, wir gehen allerdings davon aus, dass sich dies in naher Zukunft ändern wird. Umnutzungen, die energetische Effizienz, den Einsatz erneuerbarer Energien oder auch Smart Building-Technologien berücksichtigen, tragen zunehmend zu ökologischer Rentabilität bei. Zertifizierungen sollten das unterstützen.
Sind Warenhäuser noch zeitgemäß? Wie lässt sich deren Nutzung optimieren?
Warenhäuser stehen vor der Herausforderung, ihre Relevanz in urbanen Zentren zu erhalten. Multifunktionale Konzepte und die Anpassung an veränderte Konsumgewohnheiten könnten ihre Nutzung optimieren, etwa durch die Integration von Freizeiteinrichtungen, Coworking-Spaces oder die Umwandlung in gemischte Wohn- und Gewerbegebiete. Wir sehen ganz klar, dass hier neue Impulse nötig sind. Eine nachhaltige Ausrichtung und das Eingehen auf aktuelle Trends sind entscheidend für ihre Zukunft.
Wie verändern sich generell Nutzungszyklen von Gewerbeimmobilien?
Die Nutzungszyklen von Gewerbeimmobilien unterliegen einem stetigen Wandel. Wir sehen einen Trend zur Flexibilisierung, verstärkten Fokus auf Nachhaltigkeit sowie vermehrte Integration von Technologien. New Work, Online-Handel und der Bedarf an nachhaltigen Gebäuden beeinflussen die Entwicklungen in Büro-, Industrie- und Logistik-Bereich, aber auch im Retail. Anpassungsfähigkeit und innovative Nutzungskonzepte sind entscheidend, um Schritt zu halten mit den veränderten Anforderungen.
Wer übernimmt "notleidende" Gewerbeimmobilienprojekte? Wie lassen sich unfertige Gebäude noch umnutzen?
Investoren mit Erfahrung in der Sanierung sind oft Interessenten für solche Projekte, angelockt durch eine günstige Akquisition, vor allem aber durch das Potenzial zur Wertsteigerung. Die Umnutzung unfertiger Gebäude in Wohnraum, Büros oder alternative Nutzungskonzepte eröffnet Möglichkeiten zur Revitalisierung und Anpassung an den Markt. Wir sehen einen Trend zu einer attraktiven und homogenen Mischung von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit. Einen Mix also, der den Bedarf der Wohn- und Arbeitsbevölkerung im Einzugsgebiet abdecken kann. Eine genaue rechtliche und bauliche Prüfung sowie darauf aufbauende strategische Planung, abgestimmt auf lokale Anforderungen, ist dabei unserer Erfahrung nach für den Erfolg solcher Projekte essenziell.